Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren
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„Es spricht Johannes Urzidil…“

30.11.2010,  19:00

PLH, Ječná 11, Praha 2

Vor 40 Jahren starb der gebürtige Prager Schriftsteller Johannes Urzidil während einer Lesereise in Rom. 1939 war der Freund und Weggefährte Franz Kafkas, Franz Werfels und Max Brods zunächst nach England und von dort in die USA ausgewandert, deren Staatsbürger er 1946 wurde. Im Schallarchiv des deutschen Rundfunksenders Radio Bremen haben sich eine Reihe von Tonbändern erhalten, auf denen Johannes Urzidil in Originalaufnahmen aus den 50er und 60er Jahren zu hören ist. Michael Augustin, Schriftsteller und Redakteur bei Radio Bremen, hat dieses hochinteressante Material gesichtet und sich dabei ganz besonders mit zwei der Aufnahmen intensiv beschäftigt: 1958 besuchte Radio Bremen-Reporterin Irmgard Bach den damals 62jährigen Urzidil in seiner Wohnung am Rande New Yorks, um mit ihm ein längeres Gespräch über seine Lebensgeschichte und vor allem über seine Erfahrungen im amerikanischen Exil zu führen. Entstanden ist auf diese Weise ein einmaliges und bewegendes Tondokument, das Michael Augustin im Rahmen seines Vortrags in repräsentativen Auszügen vorstellen und kommentieren wird. Auch das zweite Band birgt Faszinierendes und führt den Zuhörer zurück ins Prag zur Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg. 1962 nämlich war es Irmgard Bach abermals gelungen, Johannes Urzidil (wahrscheinlich während einer seiner Lesereisen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz) vor das Mikrophon zu bitten. Diesmal mit dem Anliegen, sich an der Bremer Hörfunkreihe „Als ich 17 war“ zu beteiligen, in der damals zahlreiche Prominente aus ihrer Schulzeit berichtet haben (u.a. Günter Grass und Carl Zuckmayer). Auch in diesem Gespräch gelingt es dem frei und mitreißend erzählenden Zeitzeugen Johannes Urzidil, seinen Zuhörern ein anschauliches Bild vom alten Prag und vom reichen kulturellen Leben seiner deutsch- und tschechischsprachigen Bewohner zu vermitteln.

Zu den Vortragenden:
  Michael Augustin ist gebürtiger Lübecker und lebt als Schriftsteller und Rundfunkredakteur in Bremen. Zuletzt erschien ein Band mit seinen Gedichten und Miniaturen: Nur die Urne schwimmt - das Beste und Neueste und die DVD Augustins Miniaturen mit 27 Kurzfilmen zu seinen Gedichten und Prosastücken. In englischer Sprache liegt vor Mickle Makes Muckle - Poems, Mini Plays & Short Prose, Dedalus Press, Dublin 2007.
 
  Libuše Černá ist in Prag geboren. Seit 1989 ist sie als Redakteurin, Moderatorin, Layouterin, Chefin vom Dienst und leitende Redakteurin der Sendung Netchat festangestellt bei Radio Bremen. In den 90er Jahren war sie Deutschlandkorrespondentin von Europe 2, Tschechische Republik. Aktuell ist Libuse Cerna stellvertretende Redaktionsleiterin von Funkhaus Europa, Radio Bremen/WDR und Dozentin an der Universität Bremen, Hochschule Bremen. Zudem ist sie Mitglied im Europa-Ausschuss des Deutschen Journalistenverbandes, und Vorsitzende des Bremer Rates für Integration.


Über Radio Bremen:
Radio Bremen ist die kleinste Rundfunkanstalt innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems in Deutschland. Klein aber fein, sagen die Bremer. Und das wird seit Jahrzehnten unter Beweis gestellt. Bereits in den fünfziger Jahren startete Radio Bremen die sogenannten europäischen Wochen. Italien, Belgien, Norwegen wurden präsentiert. 1964, vom 1. bis zum 7. November, stand die Tschechoslowakei auf dem Programm. Das war zu diesem Zeitpunkt politisch sehr gewagt. Im Programmheft hieß es damals: "...wir berichten aus dem Herzen Europas, der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Dieser Staat ist von allen anderssprachigen Nachbarländern sowohl seiner geographischen Struktur als auch dem soziologischen Aufbau seiner Bevölkerung nach den Deutschen am nächsten." Eine Woche lang wurden der Bremer Hörerschaft Musiker, Künstler und Autoren vorgestellt. Darunter Ladislav Mnacko, Franz Kafka und ....Johannes Urzidil.
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